Passionszeit anders - Kirche-Lenzen-Lanz-Seedorf

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Passionszeit mit anderen Augen

Liebe Geschwister und Freunde,

ich muss ganz sicher nicht schreiben, wie wichtig es ist, dass wir alle uns an die Regeln halten, die uns in den letzten Tagen so oft ans Herz gelegt wurden.
Unsere Gottesdienste sind abgesagt, voraussichtlich bis zum 19. April. Danach geht es dann, wenn es die Situation erlaubt, wieder möglichst normal weiter.
Jesus sei Dank gibt es viele Möglichkeiten, dennoch an Gottesdiensten „teilzunehmen“. Radio, Fernsehen, Internet, Andachtsbücher und mancherorts auch Livestreams aus dem eigenen Gemeindehaus. Ich möchte euch gern ein paar Gedanken schreiben, die mir in der letzten Woche durch den Sinn gingen:
Seit Ende Januar begegnet uns in den Medien viel von Leid und seit ungefähr einer Woche sind wir viel mehr damit beschäftigt, als anfangs zu erahnen war. Es kann sein, dass wir darüber vergessen haben, dass wir in der Passionszeit leben. Passionszeit – die Zeit, wo uns das Leiden von Jesus neu vor Augen steht. Und für alle ist es unfreiwillig eine Fastenzeit geworden. Wir üben Verzicht - zum Besten für uns und für andere. Das wirft noch einmal ein ganz neues Licht auf das Fasten, das wir nun existenziell (er)leben.
Und vielleicht können uns die Erfahrungen, Eindrücke, Nachrichten und Gefühle dieser Tage neu verstehen lassen, was es für Jesus bedeutet hat: sein Leiden für uns.

Seit Wochen leben wir mit dem Gefühl, dass die bedrohliche Welle immer näher kommt. Es ist kein leichtes Leben, wenn mögliches Leid vor einem steht. Vorzeitiger Tod nicht ausgeschlossen. Da bleibt für manche die Zeit stehen. Immer der eine Satz im Nacken, den man am liebsten glauben möchte: ‚Dich wird es doch hoffentlich nicht treffen‘.
Jesus lebte von Anfang an mit dem Wissen, dass für ihn der vorzeitige Tod kommen wird. Er hätte dem Ganzen aus dem Weg gehen können. Aber das tat er nicht. In dem, was er ausgehalten hat, hat er uns gezeigt, wie sehr wir ihm am Herzen liegen. Auf diese Liebe hat er sich festnageln lassen, damit wir frei sein können für ein Leben mit Gott. Für ein Leben, das nie mehr aufhört.     

Viele warten gespannt, ob es in Deutschland eine flächendeckende Ausgangs“sperre“ geben wird. Und es gibt die, die sich in ihrer Freiheit eingeschränkt sehen, wenn sie nur noch zu den erlaubten Anlässen auf die Straße dürfen. Es sei doch das gute Recht, sich frei bewegen zu können. Steht einem doch zu. Mal die Bewegung einzuschränken um damit anderen zu helfen - das fiel offensichtlich vielen schwer. Man will ja schließlich nicht festgenagelt werden. Festgenagelt.
Genau das war es, was Jesus auf sich genommen hat. Er war wirklich „festgenagelt“. Von Wegen „nur zur Arbeit oder Spaziergängen raus“. Er konnte sich nicht einmal drehen, sich nicht richtig strecken oder mit der Hand den Juckreiz beenden. Es war kein Unfall, dass es so kam. Er wusste von Anfang an, dass es so kommt. Er war der einzige, der gefragt wurde, ob er geboren werden will - und er sagte ja (Kurt Marti). Obwohl er genau wusste, was auf ihn zukommen würde. Er sagte Ja, weil er unsere Verlorenheit sah. Um uns zu retten, ließ er sich festnageln. Es war Liebe.

Die, die vom neuen Virus am schlimmsten betroffen sind, haben oft mit schwerer Atemnot zu kämpfen. Ein unvorstellbar schlimmer Zustand. Auch das erinnert mich an Jesus. Die Folter am Kreuz zog es unweigerlich nach sich, dass der Gekreuzigte nicht mehr richtig atmen konnte und zudem die Lunge sich mit Flüssigkeit füllte. Der Mensch bekam keine Luft mehr und starb durch Ersticken oder Kreislaufversagen.
Und auch die Einsamkeit, unter der jetzt viele leiden, gerade auch Sterbende, kennt Jesus. Er war zwar von vielen Leuten umringt, aber doch im Stich gelassen. Seine Einsamkeit war so groß, dass er rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“

Immer das Leid vor Augen, festgenagelt, nach Atem ringend, allein gelassen sein. Zu all dem sagte Jesus ja. Damit wir den Himmel vor Augen und im Herzen haben können. Dass wir unsere Hoffnung an ihm, dem Gekreuzigten und Auferstandenen festmachen können. Damit wir in seiner Gegenwart aufatmen können und wissen dürfen, dass wir niemals allein gelassen sind.   

Mit den drei Vergleichen möchte ich nichts von dem Leid unserer Tage relativieren. Nein. Doch das Wahrnehmen all dieser Dinge kann uns wieder neu bewusst machen, was es für Jesus bedeutet hat, was wir bekennen. „Jesus hat für mich gelitten. Er ist für mich gestorben.“    

Wenn dich das Leid gefangen nimmt in deinem Gedanken und du am liebsten nicht mehr nach vorn schauen magst, dann sprich mit Jesus! Wenn es euch zu eng wird, vielleicht schon durch die bloße Ankündigung einer starken Ausgangseinschränkung, denkt an Jesus. Redet mit ihm! Wenn du von den nach Luft schnappenden Menschen hörst oder selber außer Puste bist oder an deiner Einsamkeit leidest, dann kannst gern an Jesus denken, an alles, was er für uns, für dich und mich, erlitten hat.
Jesus, wie viel Kraft muss es dich gekostet haben, das ganze Leben mit diesem Wissen zu leben, zu früh sterben zu müssen. Und du hast ja gesagt, herzlichen Dank!
Wenn es mir schon nicht leicht fällt, in meiner Freiheit eingeschränkt zu sein, wie muss es dir dann erst gegangen sein. Du konntest dich in deiner schlimmen Lage kein bisschen bewegen. Das hast du alles über dich ergehen lassen, damit ich frei sein kann. Frei von Schuld und Sünde, frei für ein gesegnetes Leben.  
Danke, dass du Atemnot und Einsamkeit auf dich genommen hast und ich in all dem deine große Liebe erkennen darf und weiß: bei dir kann ich aufatmen, denn du lässt mich nie allein.
Und ich möchte dir auch Danke sagen für alle Ermutigung, für alles Schöne und jeden Grund zur Freude, den ich in diesen Tagen erleben darf.  All das zeigt mir deine Treue!
Amen.

1. Jesus Christus starb für mich, Jesus Christus starb für dich.
Für die ganze Welt starb er am Kreuz. Er nahm unsre Schuld auf sich.

2. Jesus ist der Weg für mich. Jesus ist der Weg für dich.
Jesus ist der Weg zum Vaterhaus. Er nahm uns're Schuld auf sich.

3. Jesus Christus, er ruft mich. Jesus Christus, er ruft dich.
Mach' dich auf und folge Jesus nach. Er nahm uns're Schuld auf sich.

Refrain: Herr, ich danke dir, dass du mich liebst. Deine Gnade gilt auch mir.
Danke, Herr, dass Du die Schuld vergibst. Ich will leben, Herr, mit Dir.

Text und Melodie: Peter Strauch, © 1975 Hänssler Verlag, D-71087 Holzgerlingen

Mit diesen Worten grüße ich euch heute am Sonntag „Lätare“ (= Freude und Trost) und wünsche uns allen, dass wir getröstet durch diese Zeit gehen können und uns der Grund zur Freude nicht ausgeht. Denn unser Herr geht mit, er ist da.

Ganz herzlich grüßt
Wilfried Schmidt
Landeskirchliche Gemeinschaft Wittenberge
Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
Mk 9,24
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