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Johannes ….
Mit fast androgynen Zügen wird uns im Wootzer Heiligenaltar der Jünger Johannes dargestellt. In der unteren Reihe rechts die letzte Figur.
Johannes gehört zu den Jüngern, die in den Evangelien eine heraus-ragende Stellunginne haben. Er war unter den vier ersten Jüngern, die
von Jesus in die Nachfolge berufen wurden. Gemeinsam mit seinem Bruder Jakobus (dem Älteren) gehörte er zu dem „internen“ Kreis der Jünger, die bei besonderen Ereignissen dabei waren. z.B. bei der Auf-erweckung der Tochter des Jairus (Markus 5,37) oder bei der Verklärung Jesu (Markus 9,2).
Im Johannes-Evangelium wird seine besondere Rolle, die er für Jesu spielte, hervorgehoben. Der Evangelist bezeichnet ihn als den Jünger, den Jesus besonders lieb hatte (Joh. 13,23 und 19,26) und in dessen gegenseitige Verantwortung und Fürsorge er seine Mutter und ihn gegeben hatte (Joh.19,25-27).
Ob dieser Jünger Jesu gleichzeitig auch der Verfasser des Evangeliums und der drei Johannesbriefe war, wird in der Bibelwissenschaft kontrovers diskutiert. Es ist zudem auch noch nicht zweifelsfrei geklärt, ob Johannes, der Bruder des Jakobus, der Jünger ist, den „Jesus besonders lieb hatte“. Wie dem auch sei: in der geistlichen Tiefe des Johannes-Evangeliums lässt sich ein „Johannes“ erahnen, der die Lehre und die Bedeutung Jesu in einer ganz besonderen Weise begriffen und verstanden hat. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich ebenso wie die biblischen Nachrichten die Legende dieses Mannes angenommen hat.
So trägt der „Wootzer Johannes“ in der Hand einen Kelch, aus dem eine Schlange kommt. Interessant, denn mit „Kelch und Schlange“ wird
nicht auf eine biblische Szene aus den Evangelien verwiesen, sondern auf eine spätere, legendenhafte Erzählung.
Die biblischen Nachrichten über Johannes enden in der Apostelgeschich-te im Kapitel 8 als er zusammen mit Petrus nach Samarien zu den dort zum Glauben an Jesus Gekommenen gesandt wird.
Die Legende dagegen weiß nun zu berichten, dass Johannes in Kleinasien missioniert haben soll. Im Artemis-Tempel in Ephesus wurde er vom dortigen Oberpriester Aristodemus aufgefordert zu opfern. Weigere er sich, muss er einen Kelch mit Gift trinken, durch den schon vor ihm zwei Verbrecher gestorben waren. Johannes schlug über dem Kelch das Kreuz. Daraufhin entwich das Gift dem Kelch in Form einer Schlange. Danach trank er aus dem Kelch ohne zu sterben, schwang seinen Mantel über die beiden toten Verbrecher, die daraufhin zum Leben erwachten. Da bekehrte sich der Oberpriester Aristodemus zum Glauben an Jesus.
Die Darstellung von „Kelch und Schlange“ – auch in Wootz - zeigt, dass zur Zeit der Entstehung des Wootzer Heiligenaltars die Menschen mehr an „Wundergeschichten“ als an der biblischen Botschaft interessiert waren. In Evangelisten-Darstellungen wird Johannes dagegen meistens mit einem Adler dargestellt (z.B. an der Kanzel in Lanz). Es wird damit zum Ausdruck gebracht, dass durch Johannes das von oben gekommen Wort (Joh. 1,1-18) am Mächtigsten spricht. Johannes soll im hohen Alter verstorben sein (also kein Märtyrer sein) und in Ephesus in einer Kirche auf einem großen Hügel begraben sein. Als Patron wird er u.a. von den Buchdruckern, den Metzgern, den Schriftstellern, den Winzern und den Theologen verehrt. Er ist der Patron der Freundschaft, wird angerufen bei Brandwunden, für gute Ernte, gegen Hagel, bei Vergiftungen und Epilepsie.